Wird ein Kind geboren, verlässt es das weiche, schützende Polster der Gebärmutter, um in eine Welt zu kommen, in der es von einer fast überwältigenden Masse an Sinnesreizen bestürmt wird.
Der Ablauf der motorischen Entwicklung eines Kindes wird von festgelegten Entwicklungsmustern und von der Stimulation durch die Umwelt bestimmt. Wahrnehmung und Bewegung sind hier miteinander verbunden.
Was sind frühkindliche Reflexe?
Um zu überleben, wird der Mensch mit einer Anzahl sogenannter frühkindlicher Reflexe ausgestattet. Sie werden unbewusst auf Hirnstammebene durch einen Reiz (Berührung / Lageveränderung / Geräusche / Lichteinfall) ausgelöst. Diese körperlichen Reaktionen entstehen unbewusst und ermöglichen dem Neugeborenen das Überleben unter neuen Bedingungen, zum Beispiel über den Saugreflex. Andere bekannte Reflexe sind der Schreckreflex (Moro) und der Greifreflex.
Die frühkindlichen Reflexe entstehen bereits im Mutterleib, helfen dem Kind bei der Geburt und sind nach der Geburt bei der Entwicklung der Motorik und Wahrnehmung beteiligt. Mit zunehmendem Altem verschwinden diese Reflexe und das Kind lernt, bewusst auf Reize zu reagieren.
Hinsichtlich der späteren Schulreife am wichtigsten sind die ersten zwölf Lebensmonate, in denen das Kind motorisch und neuronal ausreifen muss.
Frühkindliche Reflexe als Stolpersteine und Entwicklungshemmer
Bleiben diese frühkindlichen Reflexe jedoch noch nach dem sechsten bis zwölften Lebensmonat aktiv, so läuft die weitere Entwicklung dennoch weiter, jedoch immer mit dem Einwirken der Reflexe als Stolpersteine oder als Entwicklungshemmer, sowohl in der motorischen als auch in der emotionalen Entwicklung.
Eltern beschreiben ihre Kinder oft so: „Da ist immer noch ein Kleinkind im Körper meines neunjährigen Kindes aktiv.“ So können die Ursachen von Lernproblemen mit Restreaktionen der frühkindlichen Reflexe zusammenhängen und ein erfolgreiches Lernen in der Schule verhindern.
Mögliche Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten
Eine Untersuchung dieser Reflexe eröffnet neue Möglichkeiten zum Verständnis und auch zur Förderung von Kindern, die auf den ersten Blick „normal“ wirken und bei offensichtlich vorhandener Intelligenz dennoch in der Schule unerwartete Probleme beim Lesen-, Rechnen- und Schreibenlernen haben und / oder unangemessene Verhaltensweisen zeigen.
Ein funktionstüchtiges neuromotorisches System ermöglicht eine reibungslose Zusammenarbeit vieler an Bewegung beteiligten Systeme wie Gleichgewicht, Körpereigenwahrnehmung und Haltungskontrolle, sowie die Wahrnehmung über Auge und Gehör.
In der Biografie der betroffenen Kinder finden sich in der Regel Auffälligkeiten in Schwangerschaft / Geburt (zum Beispiel Kaiserschnitt / Saugglocke ) oder Schwierigkeiten beim Erreichen der ersten Meilensteine (Bauchlage, Krabbeln usw.) Nach einer ausgiebigen Testung auf Restreaktionen können betroffene Kinder durch gezielte kurze tägliche Übungseinheiten ihrem Gehirn eine zweite Chance geben, die noch bestehenden Reflexe erfolgreich zu integrieren.
Stoffwechselstörungen und Blockaden als weitere Ursachen
Des Weiteren können Stoffwechselstörungen zu einer Unterversorgung mit wichtigen Mineralien und Vitaminen führen. Ein Mangel an Vitamin B6, Zink, Mangan oder auch Kupfer hat oft Konzentrations- und Gedächtnisschwierigkeiten zur Folge. Auch Blockaden in den Kopfgelenken und Kopfstrukturen können durch ihren engen räumlichen Bezug zum Gehirn und den Hirnnerven die Reizaufnahme und Verarbeitung hemmen. Hier kann die Osteopathie ein guter Behandlungsansatz sein.